Es waren (bzw. sind oftmals noch immer) harte Zeiten für alle. Und wie Euch vermutlich aufgrund der absoluten Stille hier im Blog nicht entgangen ist, hat es auch mich getroffen.
Ein Kampf in vielfacher Hinsicht, dessen Details ich Euch liebend gerne ersparen möchte. Kampflos aufgeben? Kam/Kommt für mich nicht in Frage – und es hat sich während dieser langen Zeit auch einiges getan.
Es sind dabei auch vielen neue Rezepte, Methoden und Techniken entstanden, für die nun die Zeit gekommen ist, sie aus dem Mehlsack zu lassen.
Aber nur irgendein neues Rezept – das war mir nach so langer Zeit Rezept-Stille nicht genug. Es sollte etwas großes sein. Wild, stürmisch, völlig unerwartet.
Es sollte Wellen schlagen, ein Rezept-Comeback mit Pauken und Trompeten. Den stürmischen Zeiten trotzend. Und alle Sinne in einen “What the Hell” Status versetzend, wie man ihn nach dem Genuss einer Scheibe Brot noch nicht erlebt hat. Ein flavor bread at its best. Ich sage nur…“meer” Brot geht vermutlich nicht.
Ozean der Sinne & home sweet home
Den Ozean den ich in den letzten Jahren durchschwommen bin, wollte ich – nein, MUSSTE ich brotifizieren. Er sollte alle Geschmacksfacetten umfassen: salzig, süß, bitter, sauer und…umami.
Die größte Inspiration dabei dieses flavor-adventure umzusetzen? Der Gedanke an meine zweite Heimat (für die wenigen, die das eventuell noch nicht wissen: unschwer aufgrund meines Nachnamens zu erkennen. Melanidis – klingt eher nicht nach Sulz im Wienerwald…Bei der Brotmenge die ich mittlerweile herstelle kam mir jedoch schon mal der Gedanke, dass eigentlich ein Hinzufügen eines stummen “h” vielleicht nützlich wäre. Bei “Mehlanidis” wüßte man ja auch gleich was bei mir thematisch so Sache ist).
Ein Bild – ein Gedanke – sagen “meer” als tausend Worte
Gedankenspiel: Ihr steht am Hafen von Thessaloniki (meinem zweiten home sweet home), schließt die Augen, hört das Meer und atmet tief ein – zunächst durch die Nase dann mit dem Mund. Und genau das was sich da auf der Zunge und emotional abspielt – und mich jedes Mal aufs neue begeistert, galt es einzufangen und daraus ein brotastisches Ergebnis zu kreieren.
Ein märchenhafter Rausch der Sinne, mit griechischem Stempel und mediterranem Aromenspiel. Mit unvorhersehbaren Überraschungen, Farben, Out-Of-The-Box Ideen….Wie ein ein wilder Ritt auf dem Ozean (griechisch “Pelagos”) der uns auch durchs Leben mit all seinen Facetten trägt.
salzig. süß. sauer. bitter. umami.
Kritamos. Heidelbeere. Schmetterlingsblüte. Thymian. Sesam. Nori.
Nach diesem langen Intro wird es Zeit für die Fakten, um Euch darauf vorzubereiten was Ihr coolinarrrisch erwarten könnt:
Griechischer Meerfenchel (Kritamos | wächst in Küstennähe, hat ein einzigartiges Aroma und enthält viel Jod, ätherische Öle bzw.Vitamin C – außerdem wird ihm ein verdauungsfördernde Wirkung attestiert) und Noriblätter sorgen für einen einzigartigen Umami-Touch.
Der milde Sauerteig (und auch der eingelegte Meerfenchel/Kritamos) bringen eine dezente Säure in Spiel.
In Honig karamellisierte Heidelbeeren sorgen für eine süße Abrundung, gerösteter Sesam bzw. Thymian für ein marginal bitteres i-Tüpfelchen.
Da auch der eingelegte Meerfenchel Salz enthält, ist die Salzmenge für den Teig etwas reduziert.
Aber was wäre ein Ozean ohne Farbton? Eher eine Pfütze. Daher bekommt auch die Schmetterlingsblüte in diesem Comeback-Rezept einen Sonderplatz.
Mit ihr setzen wir einen Tee an, der als Wasser für den Teig dient. Dieser Tee (ebenfalls mit leichter Süße & Bitternote) ist übrigens eine absolute ayurvedische Wunderwaffe: nicht nur, dass Ihr beim Aufgiessen Euer “blaues Wunder” erleben werdet – der Tee wird auch unglaublich vielfältig eingesetzt (gegen Stress, Depressionen, Schmerzen, Entzündungen…um nur einige Dinge zu nennen).
Leinen los!
Egal ob Ihr passionierte Traumschiff-Kreuzfahrer, Neusiedlersee-Tretbootfahrer, Eistaucher oder flavor/tasting/breadpairing Enthusiasten seid: Pelagos – der meerchenafte Ozean wartet darauf von Euch entdeckt zu werden.
Happy baking!
Tagged Eure Resultate mit #brotokoll auf Instagram & Facebook. Ich freue mich auf Eure Ergebnisse! In den #brotokoll Instagram Stories findet Ihr auch immer laufend adhoc Tipps für Eure Brote & Sauerteige!
- 200 g Tipo 0 violett erhältlich auf bongu.de
- 60 g Ruchmehl erhältlich auf bongu.de
- 35 g Semola Rimacinata (z.B. antike sizilianische Sorte: Perciasachi)
- 58 g Levain 3-4 Mal aufgefrischt, siehe Rezeptanleitung
- 226 g Wasser
- 6 g Salz
- 58 g Kritamos eingelegter griechischer Meerfenchel; online oder in griechischen Supermärkten erhältlich
- 12 g Nori-Blätter
- 40 g Heidelbeeren
- 8 g Honig
- 30 g Schmetterlingsblüten im Asiashop oder online erhältlich
- 10 g Sesam
- 3 g Thymian
TA (Hydration) 179 (79%) Zutaten
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Stehzeit des Sauerteigs beim Bilden des Levain: etwa 4-5 Stunden bei etwa 25-27 Grad Raumtemperatur. Diese 4-5 Stunden sind aber nur eine Richtzeit und neben der Raumtemperatur extrem abhängig von der Aktivität Eurer Sauerteigkultur. Nach der letzten Fütterung sollte sich der Sauerteig zumindest verdoppelt haben, am Peak stehen und nicht in sich zusammengefallen sein.
Ich empfehle Euch dasselbe Mehl für den Levain zu verwenden, mit dem Ihr auch normalerweise den Sauerteig füttert. Einen Beispiel-Zeitplan für die Levain-Herstellung findet Ihr unten in den Rezepthinweisen, oder in den Rezepten "Lime story" und "Moulin Ruch".
60g Ruchmehl
35g Semola Rimacinata (z.B. antike Sorte: Perciasachi)
226g Wasser (kalt)
30g Schmetterlingsblüten
Zunächst die Schmetterlingsblüten im kalten Wasser für etwa 10-25 Minuten einweichen (umso größer die Menge und umso länger die Blüten eingeweicht werden, desto intensiver werden Farbton und Aroma). Danach das Wasser durch ein Sieb gießen und die Blüten entfernen.
Die Mehle mit dem (nunmehr) Schmetterlingsblüten-Tee klumpenfrei miteinander vermischen und für 2-3 Stunden abgedeckt bei Raumtemperatur ruhen lassen (Autolyse). Am besten startet Ihr die Autolyse 30-60 Minuten nachdem Ihr den Levain angesetzt habt.
8g Honig
40g Heidelbeeren
12g Nori-Blätter
58g Kritamos (Meerfenchel)
Den Sesam ohne Zugabe von Öl in einer Pfanne anrösten, in eine Schüssel leeren und beiseite stellen. Den Honig in der Pfanne erhitzen und darin die Heidelbeeren für 2-3 Minuten karamellisieren. Währenddessen die Nori-Blätter im Backrohr bei 100-120 Grad für ein paar Minuten rösten, bis sie vollkommen trocken und nicht mehr zäh sind. Zuletzt noch den griechischen Meerfenchel (Kritamos) abseihen, kurz mit Wasser spülen und mit den Händen die Flüssigkeit rausdrücken (das Gewicht bezieht sich auf den bereits abgeseihten Meerfenchel ohne Flüssigkeit).
58g Levain
6,5g Salz
Den Levain zum Teig hinzufügen und etwa 5-10 Minuten lang mit der Hand (siehe Video im Bereich: Wissen | Open Crumb - Sourdough Series | Kneten) kneten. Den Teig abdecken und für 20-30 Minuten lang ruhen lassen. Dann das Salz hinzufügen und nochmals für 2-3 Minuten lang kneten. Den Teig in eine geölte Teigwanne geben und abgedeckt für etwa 30 Minuten lang bei Raumtemperatur ruhen lassen.
Thymian
Die Arbeitsfläche mit etwas Wasser befeuchten, den Teig auf die Arbeitsfläche kippen und leicht dehnen und falten. Danach den Teig wieder in die geölte Teigwanne geben und für 45 Minuten lang ruhen lassen.
Nun den Teig wie in der Videoanleitung des Tutorials (im Bereich: Wissen | Open Crumb - Sourdough Series | Lamination) dehnen und laminieren (nicht vergessen: die Arbeitsfläche gut befeuchten bevor Ihr loslegt!). Beim Laminieren belegt Ihr den Teig mit dem vorbereiteten "Meeresrauschen". Am Ende zerreibt Ihr mit den Fingern noch die Nori-Blätter darüber und bestreut Eure "Ozean-Landschaft" mit dem Thymian. Danach den Teig wieder in die geölte Teigwanne geben und für 30 Minuten lang ruhen lassen.
Nun folgen 2-3 Runden Dehnen & Falten (Coilfolds in der Teigwanne) im Abstand von jeweils 30-60 Minuten (den Zeitpunkt des Faltens bestimmt Ihr Immer abhängig davon, wie schnell Euer Teig nach dem Faltvorgang wieder in die Breite läuft). Nach der letzten Runde lasst Ihr den Teig unangetastet solange weiter fermentieren, bis sich das Anfangsvolumen des Teiges (im Vergleich zum Beginn der Stockgare) um etwa 40-50% vergrößert hat.
Die Mengenangaben sind für 1 Brotlaib mit etwa 711g Gewicht.
Du hast spezielle Fragen zum Rezept? Dann schreib mir einfach direkt über das Kontaktformular. Ich helfe Dir gerne weiter!
Sauerteig - Zeitplan
Da viele von Euch den Sauerteig unter der Woche im Kühlschrank aufbewahren, ist es gerade für Rezepte mit Weizensauerteig enorm wichtig, dass Ihr diesen 3-4 Mal füttert, bevor Ihr den sogenannten Levain bildet (der Levain - französisch für "Sauerteig" - ist die letzte Stufe der Fütterungen, die dann schließlich in Euren Brotteig wandert). Werft dazu auch einen Blick ins Tutorial-Video.
Diese Fütterungen sorgen dafür, die erhöhte Säure, die während der kalten Lagerung (mit begrenztem Futtervorrat für die Hefen) entsteht zu mildern und gleichzeitig die Aktivität des Sauerteigs zu erhöhen.
Macht die ersten 3 Fütterungen mit sehr wenig Mehlmenge und entsprechenden Verhältnissen zwischen Anstellgut (Sauerteig den Ihr habt, bzw. der Vorstufe wie im Beispiel-Zeitplan), Mehl und Wasser. Alles was Euch bei den Fütterungen übrig bleibt, könnt Ihr toll als Fleur de Levain verwerten. HIER dazu die Anleitung.
Beispiel:
Freitag Früh: 1:3:3 (4g Anstellgut : 12g Mehl : 12g Wasser)
Freitag Mittag/Nachmittag: 1:5:5 (2g vom Ansatz v. Freitag Früh: 10g Mehl : 10g Wasser)
Freitag Abend: 1:10:10 (2g vom Ansatz v. Freitag Mittag/Nachmittag : 20g Mehl : 20g Wasser)
Samstag Früh: LEVAIN: 1:2:2 (Ansatz von Freitag Abend : Mehl : Wasser) - für diese Stufe berechnet Ihr die Mengen so, sodass Ihr (in etwa) genau die Levain-Menge am Ende habt. die Ihr für das Rezept benötigt.
Dieses Beispiel soll Euch zeigen, wie Ihr die Fütterungen planen könnt. Beobachtet Euren Sauerteig genau - und versucht ein wenig abzuschätzen, wie lange er benötigt um bei einem bestimmten Mischverhältnis bis zum Peak anzuwachsen. Am Backtag verwendet Ihr den gebildeten Levain jung (4-5 Stunden alt, am Peak stehend). Das begünstigt eine offene Krume und einen guten Ofentrieb.